Aus den Augen der Eltern

Blogeintrag für navinaiv von Petra :

Es gäbe eine Menge Gründe, sich zu sorgen. Meine ersten Gedanken waren, als ich auf das Grundstück kam: ´bitte kommt nach Hause, das geht doch nicht´.

Melitta und ich schauten uns besorgt an. Miri und Simon strahlten die uns allen wohlbekannte Begeisterung aus.

Wir waren die ersten Gäste aus der „Zivilisation vom Festland“ für unsere Gastgeber. Nachdem klar wurde, dass wir uns nicht so einfach in diesem rustikalen und verwirrendem Urwald, mit steilen Fußpfaden, ohne die gewohnte Standards zurechtfinden konnten, fragte Simon und Miri nach unseren Bedürfnissen.  

Melitta und ich stellten eine umfangreiche Einkaufsliste zusammen, angefangen von Wasch,- und Spülschüsseln, ein Pumpsystem für den Wasserverbrauch aus den Kanistern, Bioputz,- und Waschmittel und verschiedenen anderen Kleinigkeiten für Küche und Hygiene, um uns persönlich einrichten zu können. Die jungen Leute klapperten mit uns die verschiedenen winzigen Tante-Emmaläden mit allem drin, ab. Wir kauften großzügig für den Hausgebrauch ein.  

Miri und Simon beobachteten uns Mütter grinsend und auch überrascht, welche Vorstellungen wir uns machten. 

Nach 2 Tagen hatten wir das Grundstück erfasst, verirrten uns nicht mehr, wir machten uns die Küche untertan und kamen hygienisch irgendwie zurecht.

Wir waren alle bereit, für die nächste Aufgabe: Die Mandelernte. Das Grundstück besteht auch aus einem Hügel mit herrlichen Mandelbäumen, übervoll mit reifen „Nüssen“. Simon führte uns in die Mandelernte ein.

Unangemeldet tauchten plötzlich 2 weitere junge Männer und eine junge Frau auf dem Hügel auf, die freudig begrüßt wurden und aktiv mitarbeiteten. Wir Frauen zogen uns aus der schweren Arbeit auf dem Feld zurück, um die geernteten Mandeln per Hand auszulesen und zu sortieren. Frauengeschichten wurden ausgetauscht. Später wurde gekocht, gegessen und gespielt. Ein ereignisreicher Tag ging zu Ende. 

Langsam entdeckten wir Eltern den Charme des Grundstücks und erkannten, wie der Lebensalltag hier so funktioniert: Bedürfnisse haben Vorrang, nichts muss, alles kann.

Die verschiedenen jungen Leute, die inzwischen das Grundstück beleben, verfolgen verschiedene Projekte: Einer baute am Hühnergehege für die 3 Hühner die vor dem Vulkan gerettet wurden, 

andere verbesserten die Küche mit dem dazugehörenden Essplatz, ein Kompostklo war in der Anfangsphase, eine Baustelle bildete die Terrasse für das zukünftige Haus, ein Tippi wurde geplant, mehrere Gartenteile wurden angelegt. Besonders viele Fragen wirft die üppige Mandelernte auf: Es gibt keine Knackmaschine für diese Menge an Mandeln! Wer baut eine Knackmaschine für diesen Bedarf? 

Wir Eltern sorgten uns über alles und jedes. Miri und Simon sorgten sich kaum. Sie setzen um, was gerade dran war. Und in diesem Fall war es „Urlaub mit den Eltern“ zu machen.

Wir fuhren die endlosen Serpentinen hinauf auf den höchsten Berg der Insel. Miri zauberte aus ihrem Rucksack    Proviant und schmierte jedem von uns liebevoll so viele Brote, wie wir essen wollten. 

Nachdem klar war, dass es doch zu mancher Überforderung auf dem Grundstück kam, siedelten wir gemeinsam zu Maine um. Wir fühlten uns dort sofort wohl. Wir duschten zwischen langen Bambusstauden unter freiem Himmel und wohnten in einem Holzhaus. Melitta schlief endlich auch besser, obwohl sie weiterhin ein Zelt bewohnte. Die Versorgung in der Finca Tierra inmitten der Gemeinschaft war sehr wohltuend.

Danke Maine, für deine Freundschaft und deine großmütterliche Zuneigung für Miri und Simon. Wir erlebten die Insel, den Alltag, die Urlaubszeit aus der Perspektive unserer  Kinder. 

Fazit: Es ist alles gut. Die jungen Leute sind authentisch, mittendrin, bedürfnisorientiert,  verantwortungsbewusst, aktiv, voller Ideen, lösungsorientiert und entspannt. Sie suchen nicht nach Profit, sondern nach Tausch und Gemeinsinn. Sie haben das „gute Leben“  für sich definiert.

Das langfristige Ziel ist der Aufbau eines Ortes, wo persönliche Entfaltung für die Bewohner und Besucher möglich ist. 

Der Abschied war schwer und leicht zugleich. Leicht deshalb, weil es wenig Grund zur Sorge gibt und wir vertrauen dürfen. Es ist alles gut, wie es ist. 


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